Der Frühling klopft an die Tür und wieder einmal steht in vielen Ställen die obligatorische prophylaktische Entwurmung an. Die übermäßige Gabe von Medikamenten steht im Bereich der Lebensmittelproduktion immer wieder im Rampenlicht der Empörung. Aber bei unseren Haustieren sind die Stimmen noch immer viel zu leise. Als Pferdebesitzer ohne eigenen Stall hab ich im vergangenen Jahr wieder einige Ställe abgeklappert. Die meisten Ställe schreiben die Medikamentengabe verpflichtend vor und das bis zu viermal pro Jahr. Warum ist das so? Ist die Gefahr so riesig? Haben wir keine Alternativen?
Doch! Als ich vor einigen Jahren nach Deutschland zurückkehrte, war ich sehr erstaunt, dass sich die „Selektive Entwurmung“ im Großraum München anscheinend noch nicht allzu weit herum gesprochen hat. Davor wohnte ich für einige Jahre in der Schweiz. Hier positionieren sich die Unis ganz deutlich für diese Variante des Parasitenmanagements (Merkblatt: https://www.paras.uzh.ch/de/diagnostics/veterinary/merkblatt.html). Bei der selektiven Entwurmung wird die Entscheidung ob eine chemische Entwurmung durchgeführt werden soll oder nicht, beim klinisch gesunden erwachsenen Pferd auf das Ergebnis der Kotuntersuchung abgestützt. Es hat sich gezeigt, dass nur ein sehr geringer Anteil der erwachsenen Pferde überhaupt ein Problem mit Parasiten hat. In der Regel hat das Immunsystem unserer Pferde während der Kindheit gelernt, mit Parasiten umzugehen und diese in Schach zu halten.
Und warum sollten wir umdenken?
1. Wirksamkeit: Wie bei vielen Medikamenten bilden sich Resistenzen. Auch vor dieser kontinuierlichen Erhöhung der Resistenzen gegen Entwurmungsmittel warnen die Schweizer Tierärzte. Die wirksamen Entwurmungsmittel sollten daher den wirklich betroffenen Pferden vorbehalten sein. Aus diesem Grund sollte es auch obligatorisch sein, nach der Gabe einer chemischen Wurmkur deren Wirkung mit Hilfe einer Kotprobe zu dokumentieren.
2. Natürliches Gleichgewicht: Lasst uns den Mut haben, uns von der „Angst der Invasion“ zu lösen. Ein völlig parasitenfreies Pferd gibt es nicht. Die Labore empfehlen ein Pferd erst ab einem Befall von 200 EpG (Eier pro Gramm Kot) gegen Wurmbefall zu behandeln. Alles darunter ist „normal“.
3. Nebenwirkungen „innen“: Die Entwurmungsmittel sind höchst wirksame Neurotoxine und Stoffwechseltoxine. Diese chemischen Nervengifte schädigen massiv die Darmflora. Das ist der Teil des Körpers der rund 80% des Immunsystems stellt. Also der Bereich, der sich um die Bekämpfung von „Eindringlingen“ kümmern sollte. Funktioniert dieser nicht, ist die Wahrscheinlichkeit einer Parasiteninfektion größer.
Die Medikamente belasten außerdem massiv die Entgiftungsorgane (Leber & Niere). Diese immer wiederkehrende Belastung des Körpers (alle 3 Monate) bringt viele mit der Zeit an die Grenze der Kompensationsfähigkeit. Sichtbare Krankheiten können so entstehen.
4. Nebenwirkungen „außen“: Es ist ganz und gar nicht so, dass die Wurmkur nur die bösen Würmer tötet und sich anschließend in Wasser auflöst. Besonders in den ersten Tagen wird ein großer Teil des Medikaments ausgeschieden. Der Wirkstoff ist weiterhin aktiv und wirkt noch eine Zeitlang als Insektizid. Insekten, die normalerweise den Kot abbauen sollten, werden getötet.
Was solltet ihr tun?
1. Setzt euch vor Ort für eine selektive Entwurmung ein.
2. Vermeidet unnötige Medikamentengaben.
3. Sollte euer Pferd eine positive Kotprobe haben, ist es mit einer Wurmkurgabe nicht getan. Findet den Grund heraus, warum das Immunsystem eures Pferdes nicht richtig arbeitet und unterstützt es aktiv. Kontrolliert den Verlauf regelmäßig. Parallel könnt ihr auch auf naturheilkundlichem Weg die Entgiftung unterstützen, damit euer Pferd die Medikamentengabe besser verträgt und sich die Darmflora schneller regeneriert.
Bei Fragen stehe ich oder eine meiner KollegInnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
(9. März 2019)
Quellen:
www.laborparadocs.de
www.artgerecht-tier.de/hunde/d-hier-ist-der-wurm-drin-1189442503